DIE ANFÄNGE
Das Wirtshaus unter den drei Linden blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Das Gut am Fuße des Adenberges findet erstmals zu Beginn des 14. Jahrhunderts in den urbarialen Aufzeichnungen des Augustiner-Chorstiftes Ranshofen (1125 gegr., 1811 aufgehoben) seine Erwähnung. Abt Konrad I. (1276–1311) erlässt die Anfertigung eines Verzeichnisses, in dem die Besitzrechte und die Abgaben der Grunduntertanen an das Stift festgehalten werden. In diesem sogenannten "Urbar B" von 1303 scheint das Gut "daez dem Stadel" unter dem Amt Neukirchen des Bezirkes Braunau auf.
Eine weitere mittelalterliche Nennung des Bauerngutes findet sich in der Monumenta Boica“ Band 36, einer Quellensammlung zur bayrischen Geschichte. Dort wird um 1313 die Menge an Getreide angeführt, die der Besitzer vom "stadel" dem Gutsherren, also dem Stift Ranshofen abliefern musste. Die darauffolgenden Jahrhunderte bayrischer Herrschaft über das Innviertel hinterlassen eine große Lücke in der Hofgeschichte. Erst mit der Einführung der Grundbücher ab Mitte des 18. Jahrhunderts tritt das Gut in schriftlichen Quellen mit unterschiedlichen Hofnamen wieder zu Tage.
EIN GEWIRR AUS HOFNAMEN
Im bayrischen Hofanlagsbuch von 1760 ist in der Ortschaft Kastenberg das Stadlergut zu finden. Das Theresianische Gültbuch von 1780, die erste systematische Erfassung aller Häuser und Güter Österreichs, führt den Hof in Moß 3 als "Stadlergütl" an. Die Nennung "Stallergut" im Josephinischen Lagerbuch von 1787 ähnelt dem gegenwärtigen Hofnamen. Wenige Jahre später erscheint das Alte Grundbuch (1790-93), in dem die Liegenschaft in Kastenberg 3 mit dem Namen "Stadlergut" seine Eintragung findet. Wenngleich Bezeichnung des Alten Grundbuch auch noch heute seine formelle Gültigkeit besitzt, so ist seit spätestens Ende des 19. Jahrhunderts der Hof mit seinem Wirtshaus über die Grenzen Handenbergs als Stallerwirt bekannt.
DIE ERSTEN WIRTE VOM STADLERGUT
Die wechselvolle, politische Geschichte des Innviertels zog einen herben Verluste vieler historischer Dokumente mit sich. Deshalb setzt die Rekonstruktion der Besitzverhältnisse erst ab dem Zeitpunkt der Eingliederung des bayrischen Innviertels an Oberösterreich im Jahr 1779 ein. In diesen 250 Jahren bewirtschaften und leben mehrere Familien und Einzelpersonen auf dem Stadlergut. Ihre Einkünfte beziehen sie sowohl aus der Land- als auch aus der Gastwirtschaft. Die gewerbliche Bewirtung von Gästen ist nur durch die Verleihung des sogenannten "Schank"- oder "Zapfrechts" durch den Herrscher möglich. Die nachweislich ersten Wirtsleute vom Stadlergut sind Andreas und Maria Probst, die mit ihrer Heirat ab dem Juni 1780 als Besitzer des Guts angegeben werden. Ihnen folgt 1797 Josef Pachleitner, der ab 1822 gemeinsam mit Anna Peterlechner den Betrieb leitet. 1846 übergibt er die Gast- und Landwirtschaft seinem gleichnamigen Sohn. Nach zwei Ehen (Anna Kreil 1847 und Katharina Fellner 1854) führt er gemeinsam mit seinem Sohn Jakob Bachleitner die Geschicke in Kastenberg 3 weiter. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kommt es zu einem Umbruch. 1904 legt Jakob Bachleitner das Gast- und Schankgewerbe zurück und übersiedelt nach Braunau, wo er bis zu seinem Tod im Jänner 1906 lebt.
WIRTSHAUSLEBEN ZU BEGINN DES 20. JAHRHUNDERTS
Johann und Anna Dickenberger heißen ab Mai 1905 die neuen Besitzer vom Stallerwirt. Nur wenige Wochen nach deren Übernahme überschattet ein Unglück den Neubeginn: Ein Blitzschlag löst einen schwerwiegenden Brand aus, der das Anwesen fast vollständig zerstört.
Quelle:
Neue Warte am Inn,3. Juni 1905
Nach der Brandkatastrophe wird das Gehöft neu errichtet. In den folgenden Jahren finden im Wirtshaus zahlreiche Bälle, Feste und Hochzeiten statt. Die Freiwillige Feuerwehr Handenberg, deren Obmann Johann Dickenberger ist, agiert auch als Veranstalter der Feste beim Stallerwirt. Anlässlich des Geburtstages Kaiser Franz Josephs findet am 20. August im Biergarten das Kaiserfest statt, das mit einem Gartenkonzert sowie abendlicher Beleuchtung samt Feuerwerk gefeiert wird. aus: Neue Warte am Inn vom 3. Juni 1905 1924 stirbt Johann Dickenberger. Wie die zeitgenössischen Zeitungen berichten, erweisen dutzende Vereine und Trauergäste aus den umliegenden Gemeinden dem Wirt und ehem. Feuerwehrobmann die letzte Ehre: aus: Neue Warte am Inn vom 18. April 1924 Ein Jahr später nimmt Georg Lechner den Platz an Annas Seite ein. Diese eheliche Verbindung hält nur sieben Jahre, denn 1932 stirbt auch er. Die Wirtin Anna Lechner führt fortan alleine bis 1936 die Gast- und Landwirtschaft vom Stallerwirtsgut.
Die Wirtin Anna Lechner (2.v.l.)
vor dem Wirtshaus, Anfang 1930er Jahre
DIE FAMILIE POMMER VOM STALLERWIRT
Mit der Übergabe der Liegenschaft an ihren Neffen Franz Pommer und dessen Frau Theresia im Mai 1936 setzt ein neuer Abschnitt ein. Wie sein Vorgänger ist Franz Pommer ein aktives Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr Handenberg. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ist eine markante Zäsur für die Familie. Franz Pommer wird 1942 an die Ostfront berufen. Während er nach Auflösung der Division nach Frankreich versetzt wird und 1944 im Zuge des "D-Day" in amerikanische Kriegsgefangenschaft gerät, lastet auf seiner Frau die Führung des land- und gastwirtschaftlichen Betriebes samt Obsorge für die beiden gemeinsamen Söhne. Nach seiner Rückkehr aus der amerikanischen Gefangenschaft im Jahr 1946 bleiben Franz und Theresia Pommer noch 30 Jahre lang die Wirtsleute vom Stallerwirt. Die Arbeit im Wirtshaus lässt sie jedoch bis ins hohe Alter nicht ruhen.
VON 1977 BIS HEUTE
Seit 1977 ist der Stallerwirt in den Händen von Sohn Alois und Anna Pommer, die gemeinsam mit ihren Kindern den Stallerwirt führen. Unter den 150 Jahre alten Linden wurden in den letzten Jahren so manch große Feste (u.a. Musikantentreffen am 15. August seit 1999 - mit Handwerksmarkt bis 2005, Oldtimertreffen 2005) gefeiert und der ein oder andere große Eisbecher vertilgt.